Sexualstrafrecht
Ein besonderes Rechtsgebiet innerhalb des Strafrechts ist das Gebiet der Sexualstrafdelikte. Es umfasst sämtliche Straftatbestände gegen die sexuelle Selbstbestimmung.
Der Vorwurf einer Sexualstraftat ist für die beschuldigte Person eine sensible und heikle Angelegenheit. Dies nicht nur auf Grund der empfindlichen Strafen, denn bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sorgt für Schwierigkeiten im sozialen Umfeld.
Anwendungsgebiete des Sexualstrafrechts
Die Strafbestimmungen befinden sich in den §§ 174 ff. StGB.
Hierzu zählen
- sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen § 174 StGB
- sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken- und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen § 174 a StGB
- sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung § 174 b StGB
- sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses § 174 c StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern § 176 StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind § 176 a StGB
- Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern § 176 b StGB
- schwerer sexueller Missbrauch von Kindern § 176 c StGB
- sexueller Missbrauch von Kindern mit Todesfolge § 176 d StGB
- Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern § 176 e StGB
- sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung (mit Todesfolge) §§ 177 und 178 StGB
- Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger § 180 StGB
- Ausbeutung von Prostituierten § 180 a StGB
- Zuhälterei § 181 a StGB
- sexueller Missbrauch von Jugendlichen § 182 StGB
- exhibitionistische Handlungen § 183 StGB
- Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Inhalte § 184 a StGB
- Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte § 184 b StGB
- Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Inhalte § 184 c StGB
- Veranstaltung und Besuch kinder- und jugendpornographischer Darbietungen § 184 e StGB
- Ausübung der verbotenen Prostitution § 184 f StGB
- Jugendgefährdende Prostitution § 184 g StGB
- Sexuelle Belästigung § 184 i StGB
- Straftaten aus Gruppen § 184 j StGB
- Verletzung des Intimbereichs durch Bildaufnahmen § 184 k StGB
Zudem spielt der immer größer werdende Anwendungsbereich des Internets eine große Rolle auf diesem Gebiet.
So steht der Besitz von Kinderpornographie nach § 184 b StGB (siehe auch Selbstanzeige bei Kinderpornografie) sowie Jugendpornographie nach § 184 c StGB unter Strafe. Als eine strafbare Handlung gilt es, wenn man entsprechend Dateien auf einem USB-Stick, der Festplatte oder anderen Speichermedien speichert bzw. verbreitet.
Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht bin ich unter Anderem auf Sexualstrafrecht spezialisiert und vertrete bundesweit Beschuldigte und Angeklagte, gegen welche hinsichtlich des Vorwurfes eines Sexualdeliktes ermittelt wird.
Ohne vorherige Absprache mit einem Anwalt und Spezialist auf dem Gebiet des Sexualstrafrechtes sollten Sie keine Aussage machen. Dieser wird zunächst Akteneinsicht beantragen und mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie aufbauen.
Mit umfangreicher Erfahrung und durch strengste Diskretion werden die Fälle vertraulich behandelt.
Vorsicht - Hinweis bei Beschlagnahme Ihres Handys
Beschlagnahmt die Polizei im Rahmen einer Hausdurchsuchung Ihr Handy, welches nur mit Fingerabdruck oder Gesichtserkennung entsperrt werden kann, ist es möglich, dass der zuständige Staatsanwalt einen Beschluss verfasst, welcher es den Beamten erlaubt „den Beschuldigten gemäß § 81 b StPO - nötigenfalls durch unmittelbaren Zwang - zu veranlassen, seinen Finger bzw. das Gesicht zur Entsperrung des Geräts aufzulegen / vorzuhalten“.
Der Widerstand gegen eine solche Maßnahme, also der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB kann Ihnen zur Last gelegt werden und sogar das Strafmaß negativ beeinflussen. Es ist daher empfehlenswert, dass Sie sich umgehend anwaltlichen Rat holen.
Stealthing - sexueller Übergriff gem. § 177 Abs. 1 StGB
Im Beschluss vom 13.12.2022 zum Aktenzeichen 3 StR 372/22 äußert sich der Bundesgerichtshof (BGH) ausführlich zum Thema Stealthing:
„[...] Stimmt eine Person Geschlechtsverkehr ersichtlich nur unter der Voraussetzung zu, dass dabei ein Kondom genutzt werde, stehen ohne Präservativ vorgenommene sexuelle Handlungen ihrem erkennbaren Willen entgegen.
a) Für die Frage, ob eine sexuelle Handlung dem maßgeblichen Willen zuwiderläuft, kommt es auf die konkret vorgenommene Handlung an [...]. Ist in Bezug auf diese ersichtlich, dass die betroffene Person sie ablehnt, ist grundsätzlich nicht entscheidend, ob ein Einverständnis mit anderen sexuellen Handlungen besteht. Insoweit stellen Geschlechtsverkehr unter Nutzung eines Kondoms einerseits und ohne ein solches andererseits unterschiedliche sexuelle Handlungen dar.
Der Gebrauch eines Präservativs betrifft die Art und Weise des Sexualvollzugs und führt zu einer anderen qualitativen Bewertung [...]. Hierfür spricht insbesondere die generelle Eignung, eine unerwünschte Schwangerschaft oder die Übertragung von Krankheiten zu verhindern. Dass hierdurch die Beurteilung eines sexuellen Kontakts mitgeprägt wird, zeigt sich etwa daran, dass bei Sexualdelikten der Vollzug des Geschlechtsverkehrs ohne Verwendung eines Kondoms bereits nach früherer Rechtslage straferschwerend berücksichtigt werden konnte[...]. Die Bedeutung der Prävention gegen sexuell übertragbare Erkrankungen wird überdies dadurch deutlich, dass für den Bereich der Prostitution gemäß § 32 Abs. 1 ProstSchG eine Kondompflicht besteht [...]. Dies ändert nichts daran, dass maßgebliches Rechtsgut des § 177 StGB die sexuelle Selbstbestimmung ist [...]. Die Heranziehung der genannten Gesichtspunkte erweitert es nicht um Aspekte des Gesundheitsschutzes, sondern unterstreicht lediglich, dass ein qualitativer Unterschied zwischen der von der selbstbestimmungsberechtigten Person konsentierten und der tatsächlich vorgenommenen Sexualpraktik besteht. [...]“
Ausbeuterische Zuhälterei - § 181 a StGB
Im Beschluss des BGH vom 21.01.2023 zum Aktenzeichen 3 StR 418/22 findet sich zum Thema unter Randnummer 5 folgende Äußerung:
„[...] Der Schuldspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn eine Ausbeutung im Sinne des § 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass dem Opfer in objektiver Hinsicht ein erheblicher Teil der Einnahmen entzogen wird und dies bei ihm zu einer gravierenden Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit führt, die geeignet ist, die Lösung aus der Prostitution zu erschweren [...]. Hiervon ist ohne Weiteres auszugehen, wenn die Prostituierte ihre gesamten Einnahmen abgeben muss und nur gelegentlich geringe Summen zurückerhält. Abgaben in Höhe von 50 % der Einnahmen können die Annahme einer Ausbeutung nahelegen [...].“
Gewerbsmäßigkeit bei Zwangsprostitution
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit Beschluss vom 07.09.2022 zum Aktenzeichen 3 StR 145/22 deutlich zum Thema Gewerbsmäßigkeit bei Prostitution ausgesprochen:
„[...] Damit hat das Landgericht verkannt, dass Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alternative 1 StGB nur vorliegt, wenn der Täter sich Einnahmen aus einer wiederholten Tatbegehung verschaffen will. Das Qualifikationsmerkmal ist mithin nur erfüllt, wenn der Täter den Straftatbestand des § 232a Abs. 1 StGB mehrfach verwirklicht beziehungsweise bei seiner Tathandlung den Vorsatz hat, zukünftig weitere Taten der Zwangsprostitution zwecks Generierung einer fortdauernden Einnahmequelle zu begehen [...]. Die Absicht der fortdauernden Ausnutzung einer durch eine einmalige Einwirkung auf das Tatopfer veranlassten Prostitutionstätigkeit genügt dagegen zur Erfüllung des Qualifikationsmerkmals der Gewerbsmäßigkeit nicht. [...]“
Sexueller Missbrauch eines Kindes in Form des Einwirkens durch Vorzeigen pornographischer Darstellungen § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB
Einen Missbrauch stellt nicht nur die Tathandlung am Kind mit körperlichen Übergriffen dar, sondern bereits das Vorzeigen von pornografischen Inhalten ist strafbar. Der BGH setzt sich hiermit in seinem Beschluss vom 14.06.2018 zum Aktenzeichen 3 StR 180/18 auseinander:
„[...] Zu diesem Fall hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte im Juli oder August 2015 dem neunjährigen Sohn einer mit ihm befreundeten Frau auf einem Laptop einen "Pornofilm" zeigte, in dem sexuelle Handlungen zwischen einer erwachsenen Frau und einem erwachsenen Mann zu sehen waren. Der Angeklagte wollte sich sexuell erregen und das Interesse des Kindes in sexueller Richtung anregen.
b) Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in der Form des Einwirkens durch Vorzeigen pornographischer Darstellungen (§ 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB). Pornographisch sind Darstellungen, die sexualbezogenes Geschehen vergröbernd und ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen zeigen [...]. Das lässt sich den Urteilsgründen noch hinreichend sicher entnehmen. Zwar belegt die pauschale Bezeichnung des Videos als "Pornofilm" dieses Tatbestandsmerkmal für sich gesehen nicht [...]. Das Video wird aber zusätzlich dadurch charakterisiert, dass sein wesentlicher Inhalt eine Mehrzahl sexueller Handlungen zwischen zwei Erwachsenen war [...] und es im Kern der sexuellen Erregung des Angeklagten sowie Anregung des Kindes diente.
Die Tathandlung des Einwirkens im Sinne von § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB setzt eine psychische Einflussnahme tiefergehender Art voraus [...]. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist ein solches Einwirken ebenfalls belegt. Das Video war vom Angeklagten dazu bestimmt, auf die Psyche des Neunjährigen Einfluss zu nehmen, indem bei diesem ein - nicht altersgerechtes - sexualbezogenes Interesse geweckt wird. Das Vorspielen des Films fand in einem zeitlichen Kontext zu einem körperlichen sexuellen Übergriff des Angeklagten auf das Kind statt (Fall II. 1.). Die "Vorfälle" im Zusammenhang mit den Missbrauchstaten "beschäftigten" dieses anschließend "gedanklich sehr", was zu erheblichen psychischen wie physischen Beschwerden führte [...]“
Besitz und Verbreiten von Kinderpornographie
Im zum vorherigen Beitrag genannten Beschluss des BGH vom 14.06.2018 zum Aktenzeichen 3 StR 180/18 geht der BGH auch auf die Problematik des Besitzes und Verbreitens von kinderpornographischen Inhalten ein:
„[...] In den Urteilsgründen ist lediglich verallgemeinernd mitgeteilt, diese Dateien hätten Aufnahmen zum Gegenstand, auf denen jeweils dargestellt seien: "der sexuelle Missbrauch von Kindern", "in grob anreißerischer Weise eine sexuelle Handlung von, an oder vor Kindern", "zumindest teilweise unbekleidete Kinder in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung" oder "in sexuell aufreizender Weise das unbekleidete Geschlechtsteil von Kindern" [...]. Von vier Dateien werden beispielhaft Dateinamen in englischsprachigen Kürzeln wiedergegeben [...]. Im Rahmen der Beweiswürdigung wird ergänzend dargelegt, alle über das Filesharing-Programm freigegebenen Dateien seien auf der Grundlage einer sogenannten "Hashwert-Analyse" mit der "Jugendpornographie-Datenbank" des Landeskriminalamts Hannover abgeglichen worden; die abgeurteilten 614 Dateien seien dort registriert [...].
Dies begründet einen Darstellungsmangel; denn mangels näherer Feststellungen zum Inhalt der Dateien - oder Bezugnahmen auf bei den Akten befindliche Abbildungen (§ 267 Abs. 1 Satz 3 StPO) - ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt hat [...]. Handelt es sich - wie hier - um eine große Menge von Video- und Bildaufnahmen, ist zwar nicht erforderlich, in den Urteilsgründen jede einzelne zu beschreiben. Zumindest für eine exemplarische Auswahl der Aufnahmen sind aber konkrete Feststellungen zu den abgebildeten sexuellen Handlungen von, an oder vor Kindern geboten [...]. Diesen rechtlichen Anforderungen genügen die Urteilsgründe im Fall II. 3. - anders als im Fall II. 4. - nicht. [...]“
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